Beschleuniger-Wissenschaft studieren

Neuer trilateraler Physik-Masterstudiengang der Rhein-Main-Universitäten – Bewerbung ab sofort möglich

01.12.2025 von

Mit dem neuen trilateralen Masterstudiengang „Particle Accelerator Science“ bündeln die Rhein-Main-Universitäten ihre europaweit einzigartige Expertise in der Beschleuniger-Wissenschaft. Ab dem Sommersemester 2026 erhalten Studierende erstmals Zugang zu einem gemeinsamen, international ausgerichteten Studienangebot an drei Standorten, das die gesamte Breite dieser Schlüsseltechnologie abdeckt. Der eng verzahnte Austausch von Forschung, Lehre und Großinfrastruktur schafft ein Qualifikationsprofil, das in Deutschland einmalig ist.

Im Universum der Beschleuniger-Wissenschaft ist das Rhein-Main-Gebiet ein heller Stern. Nirgendwo sonst in Deutschland und Europa finden sich Großanlagen, Forschungseinrichtungen und auf diese Disziplin spezialisierte Universitäten in einer solchen Dichte wie in der Region um Frankfurt, Darmstadt und Mainz. „Gemeinsam verfügen wir über eine Beschleuniger-Expertise, die einzigartig ist“, sagt Holger Podlech, Professor am Institut für Angewandte Physik der Goethe-Universität Frankfurt. Um ihre Kräfte zu bündeln, abzustimmen und eine passgenaue Ausbildung für Forschung und Industrie zu schaffen, bieten die Rhein-Main-Universitäten (RMU) (wird in neuem Tab geöffnet) zum Sommersemester 2026 den neuen trilateralen Masterstudiengang „Particle Accelerator Science“ an.

Studierende belegen in diesem internationalen, englischsprachigen Studiengang erstmals zugleich Vorlesungen, Seminare und Praktika an der Technischen Universität Darmstadt, der Goethe-Universität Frankfurt und der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Das in dieser Form einmalige Studienangebot „Beschleuniger-Wissenschaft“, betont Prof. Joachim Enders, Experimental-Physiker an der TU Darmstadt, bringt fünf Fachbereiche an drei Universitäten in den zwei Bundesländern Hessen und Rheinland-Pfalz zusammen und ist Teil der Exzellenz-Initiative der RMU-Allianz.

Mehrere Jahre haben die Initiatoren und Verantwortlichen an den Rahmenbedingungen und Inhalten des ersten trilateralen Masterstudiengangs gearbeitet, der auch eine Kooperation mit dem GSI Helmholtzzentrum für Schwerionenforschung umfasst, auf dessen Gelände in Darmstadt derzeit mit FAIR eine der weltweit größten Beschleuniger-Anlagen entsteht.

Forschen können die neuen Masterstudierenden jedoch ebenso an lokalen Beschleuniger- und Testeinheiten der jeweiligen Physik-Fachbereiche der drei RMU-Universitäten. „Zusammen bieten wir ein deutlich umfassenderes Studium der Beschleuniger-Wissenschaft, als jede Universität das allein leisten könnte“, unterstreicht Prof. Enders die Potenziale des gemeinsamen Studienangebotes. Gelehrt werden sollen unterschiedliche Blickwinkel und Anwendungen in einem sehr breit und interdisziplinär angelegten Lehrangebot, das nicht nur Physik umfasst, sondern auch ingenieurswissenschaftliche Aspekte etwa der Elektrotechnik oder Materialwissenschaft. „Unser Ziel ist“, sagt Prof. Kurt Aulenbacher vom Institut für Kernphysik der Universität Mainz, „Studierenden ein generelles, nicht nur ein Spezialwissen mitzugeben.“

In den vier Semestern belegen die Studierenden Pflicht- und Wahlpflichtkurse sowie Forschungs- und Projektphasen. Creditpoints sind an allen drei Hochschulen zu erbringen. „Wer den Studiengang „Particle Accelerator Science“ erfolgreich meistert, hat einen dreifachen Studienabschluss in Frankfurt, Darmstadt und Mainz. Das ist einzigartig“, betont Prof. Aulenbacher.

Der neue Masterstudiengang „Particle Accelerator Science“ ist wichtig und wertvoll, weil ein gemeinsamer Studiengang mehr ist als die Summe der Lehrveranstaltungen und Vorlesungen an drei Universitäten. Er eröffnet Möglichkeiten, die wir heute vielleicht noch gar nicht kennen. Ein gemeinsamer Studiengang bietet den gemeinsamen Austausch, eine gemeinsame Betreuung der Studierenden, er führt die drei Universitäten in Darmstadt, Mainz und Frankfurt noch enger zusammen und ermöglicht so ganz andere Forschungsprojekte und ein anderes Forschungsniveau auch für Masterarbeiten. Die Studierenden können aus einem viel größeren Pool in der Lehre und Forschung schöpfen, sind Teil von drei Universitäten gleichzeitig. Das ist neu und besonders.

Jens Braun, Professor für Theoretische Kernphysik an der TU Darmstadt und Studiendekan am Fachbereich Physik

Geplant sind zunächst 20 Studienplätze pro Semester, 40 pro Jahr – ein persönlicher und intensiver Studiengang. Adressiert ist das Angebot an Bachelorstudierende der RMU-Universitäten, aber auch Interessierte anderer Universitäten sowie internationale Bewerber:innen. Die Anmeldung beginnt am 1. Dezember 2025 an der TU Darmstadt, die die Federführung für den trilateralen Studiengang übernommen hat, der im April 2026 startet.

Die Studierenden werden umworbene Fachkräfte von morgen sein. Die Beschleuniger- Community braucht Nachwuchs. „Wir haben zu wenig Expert:innen, die sich mit Beschleuniger-Wissenschaft auskennen“, sagt Prof. Podlech. Die Anwendungsfelder sind vielfältig: In der Grundlagenforschung der Kern- und Teilchenphysik werden Beschleuniger genutzt, um nach dem Ursprung des Universums zu suchen, nach dem Higgs-Boson oder etwa Dunkler Materie.

Anwendungen gibt es ebenso in der Biologie, Biophysik, Medizintechnik und auch neue Krebs- und Tumortherapien oder Medikamente wurden so entwickelt. Mit Hilfe der Beschleuniger-Wissenschaft kann Saatgut von schädlichen Keimen befreit und ein Röntgenlicht von unglaublicher Brillanz- und Laserqualität sowie Neutronen erzeugt werden, die unter anderem in der Materialforschung neue Werkstoffe, Schweißvorgänge oder Fusionsmaterialien ermöglichen.

„Beschleuniger-Technik lässt sich für die Klimaforschung, Energiewende oder für Sicherheitsaufgaben einsetzen. Die Zahl der Anwendungen ist beliebig groß“, sagt Prof. Podlech. Studierende des RMU-Masterstudiengangs, ist sich sein TU-Kollege Enders sicher, „werden gut ausgebildet sein für Forschung, Hochschule oder Wirtschaft“.

Weitere Stimmen zum neuen RMU-Studiengang

Der neue Masterstudiengang „Particle Accelerator Science“ ist wichtig und wertvoll, weil… Beschleuniger extrem wichtig sind für die Forschung, die Medizin und die Industrie. Mit dem neuen Masterstudiengang bieten wir Studierenden die einmalige Chance, Technologien von Elektronen- und Ionenbeschleunigern kennenzulernen und beruflich davon profitieren zu können. Das Zusammenspiel der drei RMU-Universitäten schafft ideale Voraussetzungen, eine neue Community zu etablieren, die über ein großes Beschleuniger-Wissen verfügt.

Wolfgang Gradl, Professor für experimentelle Hadronenphysik an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz und Studiendekan am Fachbereich Physik, Mathematik und Informatik.

Der neue Masterstudiengang „Particle Accelerator Science“ ist wichtig und wertvoll, weil… er einen gemeinsamen Forschungsschwerpunkt verbindet. Die Beschleuniger-Wissenschaft spielt an allen drei Universitäten eine wichtige Rolle, unterstützt durch die Forschungsaktivitäten an der GSI. Studierende haben nun die Möglichkeit, aus einem breiten Spektrum an Veranstaltungen aus verschiedenen Bereichen der Beschleuniger-Wissenschaft zu wählen. Besonders hervorzuheben ist der interdisziplinäre Ansatz des Studiengangs an der Schnittstelle zwischen experimenteller, theoretischer Physik und den Ingenieurswissenschaften. Das englischsprachige Studienangebot richtet sich nicht nur an nationale, sondern auch internationale Studierende und bietet eine attraktive Option für diejenigen, die ein Studium in Deutschland in Betracht ziehen.

Cornelius Krellner, Professor für Experimentalphysik an der Goethe Universität Frankfurt am Main und Studiendekan am Fachbereich Physik.

Die Beschleuniger Wissenschaft ist ein Zusammenspiel aus modernsten Methoden der Physik, der Ingenieurswissenschaften und der zugehörigen Hochtechnologie. Die Fachdisziplin übergreifende Zusammenarbeit ist prägend für den neuen Masterstudiengang „Particle Accelerator Science“. Bewusst haben wir ihn deshalb Teilchenbeschleuniger Wissenschaft genannt. Denn für die Entwicklung, den Bau und Betrieb solcher High-Tech-Anlagen braucht es derzeit neben Physiker:innen unbedingt das Ingenieurs-Knowhow der Absolvent:innen aus den Bereichen Elektrotechnik und IT, Computational Engineering, Maschinenbau, Mechatronik, Materialwissenschaft oder auch der Informatik, wenn beispielsweise spezielle Software-Programme für die Automatisierung zu entwickeln sind. Bei den Anlagen selbst geht der Trend immer stärker hin zu kompakteren, kleineren Einheiten, die Platz und Energie sparen und somit nachhaltiger sind. Getrieben wird dieser Trend von technischen Fortschritten, wie zum Beispiel den Einsatz von Hochtemperatursupraleitern oder zukünftig eventuell durch den Einsatz von Plasmen und/oder Lasern für die Beschleunigung. Auch hier zeigt sich die Relevanz der Interdisziplinarität für die Entwicklung und den Betrieb modernster Beschleuniger. Ohne diese Interdisziplinarität geht es nicht und der neue Studiengang soll optimal darauf vorbereiten.

Oliver Boine-Frankenheim, Professor für Beschleuniger Physik am Fachbereich Elektrotechnik der TU Darmstadt und Abteilungsleiter am Großforschungsinstitut GSI/FAIR

Die Entwicklung und der Betrieb modernster Beschleunigeranlagen sind nur im Zusammenspiel vieler Disziplinen möglich – von der Physik über die Ingenieurwissenschaften bis zur Informatik. Der neue Masterstudiengang „Particle Accelerator Science“ der Rhein-Main-Universitäten greift genau diesen interdisziplinären Ansatz auf. Für die bestehenden GSI-Beschleunigeranlagen und das Mega-Bauprojekt FAIR ist er ein wichtiger Baustein, um die nächste Generation von Expert:innen auszubilden, die unsere Forschung mit kreativen Ideen und technischem Know-how voranbringen.

Jörg Blaurock, Technischer Geschäftsführer von GSI und FAIR