Helmut Lander „Mosaik“ (1955)
von Franco Laeri
Der Künstler Helmut Lander
1924 | geboren in Weimar |
1942 – 1946 | Kriegsdienst und Kriegsgefangenschaft |
1947 – 1951 |
Studium an der Hochschule für Baukunst und Bildende Künstler Weimar. Diplomprüfung in Wandmalerei |
1949 | Mitarbeit bei Phol und Wagner (Vereinigte Mosaikwerkstätten) |
1950 – 1951 | Volontariat in der Gobelinmanufaktur Sauermilch in Oberwied (Thüringen) |
1951 | Übersiedlung in die Bundesrepublik nach Darmstadt |
1951 – 1952 | Leiter der Mosaikwerkstatt der Glashütte Mittinger & Co. Darmstadt |
ab 1952 |
Freiberuflich tätig; Studium der Baukeramik an der Werkkunstschule Darmstadt |
ab 1954 | Mitglied der Neuen Darmstädter Sezession |
ab 1971 | Lehrauftrag für Plastisches Gestalten an der Technischen Hochschule Darmstadt |
bis 1989 | Vorstandsmitglied der Darmstädter Sezession |
2013 | gestorben in Darmstadt |
Helmut Landers Arbeitsweise
Um in den jungen Jahren der Bundesrepublik den oft mittellosen Künstlern ein unabhängiges und freies Arbeiten zu ermöglichen, beschloss der Bundestag 1950, dass ein gewisser Prozentsatz der Bausumme öffentlicher Gebäude für deren künstlerische Gestaltung aufgewendet werden musste – „Kunst am Bau“[1]. In diesem Zug wurde Helmut Lander beauftragt, im Neubau des im Krieg zerstörten Großen Physikhörsaals die zentrale Trennmauer zwischen Hörsaal und Foyerhalle zu gestalten. Helmut Lander hatte sich zu diesem Zeitpunkt bereits einen guten Namen unter den Darmstädter Künstlern erworben, was heute noch durch zahlreiche Beispiele von „Kunst am Bau“ an Gebäuden in der Stadt sichtbar ist, z. B. dem Fassadenmosaik an der Nordwestecke der Kreuzung Rheinstrasse-Kasinostrasse. Die Arbeiten seiner frühen Darmstädter Jahre waren vom Kubismus inspiriert. Kubismus nicht in einer dogmatischen Form, sondern als Ordnungsprinzip. Ab den späteren 1960ern widmete er sich zunehmend der plastischen Gestaltung.
Ein wichtiges Thema, das bei seinen figurlichen Arbeiten sichtbar wird, ist durch seine Erlebnisse im Krieg und als Gefangener geprägt. In seinen Werken fühlt der Betrachter in verschiedenster Weise seine Verbundenheit mit dem Gefühl von Veränderung. In seinen Auftragsarbeiten für den öffentlichen Raum entschied er sich oft für das Mosaik als Technik, da hier mit den robustesten Materialien wie Glas, Mineralien und Steine gearbeitet wird.
Der Bezug des Mosaiks zum Ausstellungsort
Das Mosaik Landers steht prominent in der Mitte des oberen Foyers des Gebäudes S2|06 in dem sich der Große Physikhörsaal befindet und kaschiert elegant die Eingänge zu den oberen Sitzreihen. Das Gebäude S2|06 entstand als Ersatz für den alten Physikhörsaal von Pützer [2], der durch einen Bombentreffer im Krieg unrettbar beschädigt wurde.
Das Mosaik ist durch vertikale und horizontale Linien gegliedert, die höchstens leicht verkippt werden. So entsteht ein unregelmäßiges Raster von Vierecken, die teils mit polierten, weißen oder Grauen Marmorplättchen ausgefüllt sind, teils mit einer Ansammlung von kleinen, natürlichen Kieselsteinen, kleinen, farbigen Steinplättchen oder Glasplättchen gefüllt sind. Die abstrakte Komposition wird formal durch ein graues, senkrecht stehendes Band dominiert, das zwei schwarzen Doppelfeldern einen Halt verleiht. Kleinere, farbig gehaltene Vierecke hellen die Stimmung optimistisch auf. Darin den abstrakten Stadtplan der vom Bombenangriff getroffenen Stadt hinein zu interpretieren wäre vielleicht etwas zu weit gegriffen – obschon, zum Zeitpunkt des Entstehens des Mosaiks hatte der Wiederaufbau begonnen. Jedoch erinnerten auf vielen Grundstücken noch Ruinen und Berge von Steinen an den Krieg.
Ein ähnliches Mosaik Landers, in etwas kleinerem Format, steht am Eingang des Hauses Heinrichstrasse 71 in Darmstadt. Das einige Jahre später entstandene (1960), große Wandmosaik am Haus Westecke Rhein- zu Kasinostrasse, ist ähnlich abstrakt gehalten. Die Stadtplaninterpretation ist an dieser Stelle plausibel, und die stärker akzentuierten Farben drücken eine deutlich optimistischere Zuversicht aus.