Von Muscheln inspirierte Klebegels

Komponente der Meerseide in Mikrogele eingearbeitet

10.05.2022 von

Wissenschaftler*innen der Arbeitsgruppe von Professorin Regine v. Klitzing haben gemeinsam mit Kolleg*innen der East China University of Science and Technology in Shanghai von Muscheln inspirierte Klebegele entwickelt. Diese Gele haben vielfältige Anwendungsmöglichkeiten im biomedizinischen Bereich, in der Elektronik oder als Haftbeschichtung. Die Ergebnisse wurden im Fachmagazin „Langmuir“ veröffentlicht und als Titelbild der Zeitschrift gewürdigt.

Dem Forscherteam um Prof. Regine v. Klitzing ist es gelungen, DMA, einen Bestandteil der Byssusfäden (Muschelseide), in PNIPAM-Mikrogele einzubauen (links).

Sogenannte Hydrogele begegnen uns im Alltag, z. B. in Form von Kontaktlinsen oder Wundheilungsprodukten. Hydrogele sind stark vernetzte Polymere, die in Lösungsmitteln wie Wasser stark gequollen sind. Wenn Hydrogele eine kleine, kolloidale Größe haben, werden sie als Mikrogele bezeichnet. Sie sind in der Medizin als „Drug Delivery Systems“ besonders gefragt. Diese Systeme zur zielgerichteten Freisetzung von Arzneitstoffen erfordern zwei grundlegende Eigenschaften: Erstens die Fähigkeit, den Wirkstoff zu transportieren, und zweitens, ihn freizusetzen. Wenn diese Träger empfindlich auf äußere Reize reagieren, wie etwa auf Temperaturänderungen, dann sind sie Kandidaten für die gezielte Abgabe von Medikamenten. Mikrogele aus N-Isopropylacrylamid (PNIPAM-Mikrogele) durchlaufen einen reversiblen Volumen-Phasenübergang (Schrumpfung und Quellung), wenn sie über eine bestimmte Temperatur erhitzt und unter eine bestimmte Temperatur abgekühlt werden. Die Kombination von PNIPAM-Mikrogelen mit den Klebeeigenschaften maritimer Organismen, wie z.B. Muscheln, ist daher für die Wissenschaft hochinteressant.

Dem Team um Prof. Regine v. Klitzing und ihrer Doktorandin Sandra Forg (Arbeitsgruppe „Weiche Materie an Grenzflächen“ an der TU Darmstadt) ist es gelungen, einen bestimmten Bestandteil des Byssus, nämlich das Muschel-Monomer DMA in PNIPAM-Mikrogele einzubauen. Eine kontrollierte Einarbeitung von DMA ist für die weitere Anwendung von großem Interesse. Daher wurde die Reaktionskinetik während der Mikrogel-Synthese untersucht. Das Team konnte zeigen, dass eine zu frühe Injektion von DMA die Synthese stoppt, während eine spätere Injektion den Einbau verlangsamt, aber zum gewünschten Ergebnis führt. Erste Adhäsionsexperimente zeigten, dass der Einbau von DMA die Hafteigenschaften im Gegensatz zu herkömmlichen PNIPAM-Mikrogelen erhöht.

Die Publikation

Sandra Forg, Alexandra Karbacher, Zhishuang Ye, Xuhong Guo, and Regine von Klitzing: Copolymerization kinetics of dopamine methacrylamide during PNIPAM microgel synthesis for increased adhesive properties, Langmuir 2022, 38, 17, 5275–5285, https://doi.org/10.1021/acs.langmuir.1c02749