von Franco Laeri
Der Künstler Hagen Hilderhof
1937 | geboren in Heidelberg, aufgewachsen im Wertheim am Main |
1955 – 1958 | Volontariat bei Architekten in Würzburg und Düsseldorf |
ab 1959 | Freischaffender Bildhauer in Düsseldorf |
1981 – 1992 | Lehrauftrag für das Fach „Gestaltungslehre“ an der Gesamthochschule-Universität Wuppertal |
heute | Hagen Hilderhof lebt und arbeitet in Michelstadt und Düsseldorf |
Hagen Hilderhofs Skulpturen wurden in Ausstellungen in Deutschland, Australien, Niederlande, Frankreich, Polen, Russland, Schweiz, Großbritannien und China gezeigt.
Skulpturen von Hagen Hilderhof stehen im öffentlichen Raum in Amorbach, Darmstadt, Düsseldorf, Essen, Heilbronn, Skulpturenmuseum Marl, Michelstadt, Mühlheim/Ruhr, Neckarsulm.
Seine Arbeitsweise
Seine Arbeitsweise charakterisiert Hagen Hilderhof in folgender Weise:
„Meine Arbeit mit der Plastik begann 1959 mit Untersuchungen über die Vertauschbarkeit von zwei Winkelstreifen mit ungleich langen Schenkeln (Permutation von L und L') unter Berücksichtigung ihrer Zuordnung im Raum. Es entwickelten sich daraus und aus verwandten Ableitungen – wie zum Beispiel aus Doppeldreiecken – komplexe Strukturen, spiralige Reihen, sich flächig oder allräumlich ausbreitende Konstruktionen.
Es organisierten sich Kraft eigener Gesetzmäßigkeit Zellen aus vier, sechs, acht oder mehr Einheiten, deren Kommunikationsfähigkeit zu den Nachbarzellen (gleichen oder spiegelbildlichen) untersucht und genutzt wurden“ [1].
Ich stütze mich bei meinen Arbeiten auf die Ästhetik mathematisch berechenbarer Formen als einer objektivierten Ausdrucksform. Mein Bestreben ist eine sich selbst organisierende Struktur zu finden, die ich durch Hinzufügen und Beschneiden mitbestimme. [2, 3]
Dieses Programm hat Hagen Hilderhof mit großer Konsequenz verfolgt und immer weiter entwickelt. Er gilt als einer der bedeutendsten konstruktivistischen Plastiker Deutschlands der Gegenwart.
Seit etlichen Jahren befasst sich Hagen Hilderhof mit Körpern, die aus Rhomben [4] bestehen und zu Rhomboedern gefügt [5, 6], die dann ihrerseits gruppiert und zu einer Skulptur geordnet werden. Er entwickelt seine Plastiken zum großen Teil in Karton, die dann in Corten-Stahl, Aluminium oder Bronze, oft in größerem Maßstab, realisiert werden.
Bezug der Skulptur zum Ort
Die Skulptur befindet sich im Lernzentrum des Fachbereichs Physik. Im Studium der Physik ist die Festkörperphysik ein wichtiger Themenkreis, in dem in den letzten 20 Jahren bemerkenswerte Forschungsresultate erzielt wurden. In dieser Zeit wurden 7 Nobelpreise für neue Erkenntnisse im Gebiet der Festkörperphysik vergeben, wobei ein Preisträger, Peter Grünberg (2007), ein Darmstädter Alumnus war.
Ein zentrales Thema des festen Körpers ist seine innere Struktur, deren Ordnungsprinzip die räumlichen Symmetrien sind, was besonders anschaulich in der Form der „Kristalle“ sichtbar wird. Eine der wichtigen Kristallstrukturen ist die mit einem kubischen Kristallgitter.
Kristallgitter werden durch ihre Einheitszelle charakterisiert. Die Einheitszelle trägt alle Symmetrieelemente der betreffenden Gitterstruktur in sich. Durch Repetieren der entsprechenden Symmetrieoperationen auf die Einheitszelle wird der ganze dreidimensionale Raum lückenlos gefüllt. Ein wichtiges Mitglied der Familie der kubischen Gitter ist das kubisch raumzentrierte Gitter (etwa 30% der Elemente; wie z. B. K, Rb, Cs, V, Nb, Ta, Cr, Mo oder W). Deren primitive Einheitszelle ist ein stumpfwinkliges Rhomboeder, dessen Kanten einen Winkel von 109,471 Grad einnehmen.
Die Rhomboeder, die in Hilderhofs Skulptur die Basiskörper bilden, sind genau solche Rhomboeder. Hilderhof arbeitet also mit Rhomboedern, die der primitiven Einheitszelle des kubisch raumzentrierten Kristallgitters entsprechen. Fügte man diese Rhomboeder schön regelmäßig aneinander, würde ein kompakter Körper entstehen.
Anstatt nun regelmäßig ein Rhomboeder neben das andere zu fügen, „vergisst“ Hilderhof ab und zu eines einzufügen. So würden Lücken im Raum entstehen – Fehlstellen. Hilderhof gestaltet aber weiter. Anstatt genau Rhomboeder an Rhomboeder zu fügen, verdreht er diese zudem auch ganz leicht gegeneinander. So entstehen weitere „Kristallbaufehler„ – genau so, wie es auch in der Natur vorkommt, wenn die Wachstumsbedingungen eines Kristalls durch die Umgebung gestört wird.
Wie man mit einem Kartonmodell selber ausprobieren kann, kann das gleiche (wird in neuem Tab geöffnet) , d. h. obiger Rhombus, auch zu einem Basispolyeder (wird in neuem Tab geöffnet) zusammengesetzt werden, in dem die Kanten einen Winkel von 70,529 Grad einnehmen. In der vorliegenden Skulptur hat Hilderhof vier identische Einheiten, die je aus 2 spitzwinkligen und einem stumpfwinkligen Doppel-Rhomboeder bestehen, verwendet. Diese hat er dann mit erwähnten Störungen zusammengefügt (daher der Titel der Skulptur „Vier mal Drei“). spitzwinkligen Rhomboeder
Betrachten Sie die Skulptur: Erkennen Sie das Konstruktionsprinzip?